Ein kurzer Leitfaden zu makroprudenziellen Maßnahmen
24. Mai 2017
Was bedeutet makroprudenziell?
Die Vorsilbe „makro“ weist darauf hin, dass sich die Maßnahmen nicht auf einzelne Finanzinstitute, sondern auf das gesamte Finanzsystem oder wesentliche Teile davon beziehen. Aufsichtliche oder regulatorische Maßnahmen für einzelne Finanzinstitute werden hingegen als mikroprudenzielle Maßnahmen bezeichnet.
Prudenziell ist ein anderes Wort für umsichtig und schließt Voraussicht mit ein. Prudenzielle Maßnahmen fördern vernünftiges Handeln und beschränken das Eingehen von Risiken. Makroprudenzielle Maßnahmen sollen somit dazu beitragen, dass alle Marktteilnehmer umsichtig mit Risiken umgehen, die systemisch werden, d. h. die gesamte Finanzwelt betreffen könnten.
Was sind makroprudenzielle Maßnahmen und wozu dienen sie?
Makroprudenzielle Behörden überwachen das Finanzsystem und decken Risiken und Schwachstellen auf. Maßnahmen, mit denen derartige Risiken und Schwachstellen angegangen werden, können verhindern, dass diese sich weiter verstärken und auf das gesamte Finanzsystem ausbreiten.
Anders ausgedrückt: Mithilfe solcher Maßnahmen kann verhindert werden, dass Risiken sich negativ auf weite Teile des Finanzsystems auswirken oder systemisch werden.
Sollten systemische Risiken eintreten, könnte es zu Störungen kommen. Möglicherweise kann das Finanzsystem notwendige Finanzprodukte und -dienstleistungen nur eingeschränkt bereitstellen. Es wäre sogar möglich, dass das wirtschaftliche Wachstum und das Wohlergehen der Menschen erheblich beeinträchtigt werden.
Diese Auswirkungen waren während der Finanzkrise, die 2007 ausbrach, zu beobachten, als eine Reihe europäischer Länder in die Rezession rutschte und zahlreiche Banken gerettet werden mussten.
Makroprudenzielle Maßnahmen dienen also dazu, die Finanzstabilität zu fördern. Mit einem stabilen und soliden Finanzsystem sind wir besser in der Lage, Schocks standzuhalten und die schlimmsten Auswirkungen von Finanzkrisen zu verhindern.
Beispiele für Risiken, die systemische Risiken auslösen könnten
- Die Entstehung von Vermögenspreisblasen. Wenn der Preis von Vermögenswerten wie Immobilien weit über deren tatsächlichen Wert steigt, stellt ein Preiseinbruch eine Gefahr dar
- Übermäßiges Eingehen von Risiken durch Banken
- Übermäßige Verschuldung von Unternehmen oder privaten Haushalten
Wie setzen Behörden diese Maßnahmen um?
Die Behörden (häufig Zentralbanken) können eine Reihe von Maßnahmen ergreifen, um dem Risiko direkt entgegenzuwirken.
Beispielsweise können Finanzinstitute (in der Regel Banken) zur Bildung von Kapitalpuffern verpflichtet werden, um für unerwartete Ereignisse und Schocks gewappnet zu sein. Diese Kapitalpuffer können im Laufe der Zeit schwanken und bei bestimmten Arten von Finanzinstituten größer sein.
Dies könnte insbesondere für Finanzinstitute gelten, die systemrelevant sind, d. h. deren Zahlungsunfähigkeit einen Dominoeffekt im gesamten Finanzsystem auslösen würde.
Ferner können makroprudenzielle Maßnahmen die Aktivitäten von Finanzinstituten beschränken, z. B. indem Vergabekonditionen für Hypothekendarlehen festgelegt werden.
So könnten beispielsweise Obergrenzen für Darlehen festgelegt werden, die sich nach dem Einkommen des Darlehensnehmers oder den Immobilienkosten richten. Diese Obergrenzen könnten für Abkühlung an einem Wohnungsmarkt sorgen, der durch stark steigende Immobilienpreise und entsprechende Hypothekenschulden geprägt ist.
Welche makroprudenziellen Behörden gibt es in der EU?
- Die Europäische Zentralbank
- Den Europäischen Ausschuss für Systemrisiken
- Die nationalen benannten Behörden – in der Regel Zentralbanken oder Finanzmarktaufsichtsbehörden – der 28 Mitgliedstaaten.
Auf einen Blick: Was ist das Finanzsystem?
Alles hängt zusammen
Das Finanzsystem ist ein komplexes Netz mit verschiedenen Akteuren. Zwischen ihnen gibt es Abhängigkeiten, und es kommt zu Wechselwirkungen.
Banken und Versicherungen
Banken und Versicherungen sind als Vermittler zwischen Kapitalgebern und Kreditnehmern tätig.
Märkte
Die Finanzmärkte, beispielsweise Anleihe- oder Geldmärkte, bringen Kapitalgeber und Kreditnehmer ebenfalls direkt zusammen.
Zahlungsverkehrssysteme
Derweil sorgen Zahlungsverkehrs- und Wertpapierabwicklungssysteme für einen sicheren Austausch von finanziellen Mitteln und Vermögenswerten. Diese Systeme sind das Leitungssystem der Finanzmärkte.