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Dokument 32015O0011

Leitlinie (EU) 2015/855 der Europäischen Zentralbank vom 12. März 2015 über die Festlegung von Grundsätzen eines Ethik-Rahmens für das Eurosystem und zur Aufhebung der Leitlinie EZB/2002/6 über die für die EZB und die nationalen Zentralbanken bei der Durchführung von geldpolitischen Geschäften und Devisengeschäften mit den Währungsreserven der EZB sowie der Verwaltung der Währungsreserven der EZB geltenden Mindeststandards (EZB/2015/11)

ABl. L 135 vom 2.6.2015, S. 23–28 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Rechtlicher Status des Dokuments Nicht mehr in Kraft, Datum des Endes der Gültigkeit: 31/05/2023; Aufgehoben durch 32021O2253

ELI: http://data.europa.eu/eli/guideline/2015/855/oj

2.6.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 135/23


LEITLINIE (EU) 2015/855 DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK

vom 12. März 2015

über die Festlegung von Grundsätzen eines Ethik-Rahmens für das Eurosystem und zur Aufhebung der Leitlinie EZB/2002/6 über die für die EZB und die nationalen Zentralbanken bei der Durchführung von geldpolitischen Geschäften und Devisengeschäften mit den Währungsreserven der EZB sowie der Verwaltung der Währungsreserven der EZB geltenden Mindeststandards (EZB/2015/11)

DER EZB-RAT —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf die Artikel 127 und 128,

gestützt auf die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank, insbesondere auf die Artikel 12.1 und 14.3 in Verbindung mit Artikel 3.1 und den Artikeln 5 und 16,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Das Eurosystem misst einem Corporate-Governance-Ansatz, der Rechenschaftspflicht, Transparenz und die höchsten ethischen Standards in den Mittelpunkt des Eurosystems rückt, größte Bedeutung bei. Die Einhaltung dieser Grundsätze ist ein entscheidender Faktor für die Glaubwürdigkeit des Eurosystems und dafür, das Vertrauen der Bürger Europas sicherzustellen.

(2)

Vor diesem Hintergrund wird es als erforderlich angesehen, einen Ethik-Rahmen für das Eurosystem zu schaffen, in dem ethische Standards festgelegt werden, deren Einhaltung die Glaubwürdigkeit und Reputation des Eurosystems sowie das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität und Unparteilichkeit der Mitglieder seiner Organe und Mitarbeiter der Europäischen Zentralbank (EZB) und der nationalen Zentralbanken (NZBen) der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist (nachfolgend der „Ethik-Rahmen für das Eurosystem“), gewährleistet. Der Ethik-Rahmen für das Eurosystem sollte sich aus der vorliegenden Leitlinie, welche die Grundsätze festlegt, Empfehlungen zur vorbildlichen Umsetzung (Best Practices) dieser Grundsätze und den von jeder Zentralbank des Eurosystems erlassenen internen Vorschriften und Praxisregeln zusammensetzen.

(3)

Die Leitlinie EZB/2002/6 (1) legt Mindeststandards für die Zentralbanken des Eurosystems bei der Durchführung von geldpolitischen Geschäften und Devisengeschäften mit den Währungsreserven der EZB sowie der Verwaltung der Währungsreserven der EZB fest. Nach Auffassung des EZB-Rates ist es erforderlich, diese ethischen Mindeststandards auf die Durchführung aller dem Eurosystem übertragenen Aufgaben auszuweiten, um sicherzustellen, dass für die an der Durchführung von Aufgaben den Eurosystems beteiligten Mitglieder der Organe und Mitarbeiter die gleichen ethischen Standards gelten, und um die Reputation des Eurosystems insgesamt zu schützen. Die Leitlinie EZB/2002/6 sollte daher durch diese Leitlinie ersetzt werden.

(4)

Darüber hinaus sollten die bestehenden, in der Leitlinie EZB/2002/6 enthaltenen Mindeststandards zur Verhinderung der missbräuchlichen Verwendung von Insiderinformationen weiterentwickelt werden, um einer solchen missbräuchlichen Verwendung durch Mitglieder der Organe der EZB oder der NZBen oder ihre Mitarbeiter noch besser vorzubeugen und mögliche Interessenkonflikte auszuschließen, die sich aus privaten Finanzgeschäften ergeben könnten. Zu diesem Zweck sollte der Ethik-Rahmen für das Eurosystem die wesentlichen Konzepte sowie die Funktionen und Verantwortlichkeiten der verschiedenen beteiligten Organe klar definieren. Er sollte ferner über das allgemeine Verbot der missbräuchlichen Verwendung von Insiderinformationen hinaus zusätzliche Beschränkungen für Personen vorsehen, die Zugang zu Insiderinformationen haben. Der Ethik-Rahmen für das Eurosystem sollte auch die Anforderungen zur Überwachung der Einhaltung der getroffenen Regelungen (Compliance) und zur Meldung in Fällen ihrer Nichteinhaltung (Non-Compliance) festlegen.

(5)

Der Ethik-Rahmen für das Eurosystem sollte auch Mindeststandards in Bezug auf die Vermeidung von Interessenkonflikten und die Annahme von Geschenken und Bewirtungsleistungen enthalten.

(6)

Der Ethik-Rahmen für das Eurosystem sollte für die Durchführung der Aufgaben des Eurosystems gelten. Es ist wünschenswert, dass die Zentralbanken des Eurosystems entsprechende Standards für Mitarbeiter oder externe Beauftragte anwenden, die mit der Durchführung von anderen als Aufgaben des Eurosystems befasst sind.

(7)

Die Bestimmungen dieser Leitlinie gelten unbeschadet der geltenden nationalen Rechtsvorschriften. Ist eine NZB aufgrund der geltenden nationalen Rechtsvorschriften an der Umsetzung einer Bestimmung dieser Leitlinie gehindert, sollte sie die EZB darüber in Kenntnis setzen. Darüber hinaus sollte die betreffende NZB erwägen, angemessene, ihr zur Verfügung stehende Maßnahmen zu ergreifen, um das aufgrund nationaler Rechtsvorschriften bestehende Hindernis zu überwinden.

(8)

Die Bestimmungen dieser Leitlinie gelten unbeschadet des Verhaltenskodex für die Mitglieder des EZB-Rates (2).

(9)

Während der Ethik-Rahmen für das Eurosystem auf die Durchführung von Aufgaben des Eurosystems beschränkt ist, hat der EZB-Rat einen entsprechenden Ethik-Rahmen für die Durchführung von Aufsichtsaufgaben durch die EZB und die nationalen zuständigen Behörden als Teil des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus beschlossen (3)

HAT FOLGENDE LEITLINIE ERLASSEN:

KAPITEL I

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 1

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Leitlinie bezeichnet der Ausdruck:

1.   „Zentralbank des Eurosystems“: die EZB und die NZBen der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist;

2.   „Aufgaben des Eurosystems“: die dem Eurosystem gemäß dem Vertrag und der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank übertragenen Aufgaben;

3.   „Insiderinformationen“: mit der Durchführung von Aufgaben des Eurosystems durch das Eurosystem in Zusammenhang stehende marktsensible Informationen, die weder öffentlich bekannt noch der Öffentlichkeit zugänglich sind;

4.   „Marktsensible Informationen“: präzise Informationen, die im Fall der Veröffentlichung geeignet sind, die Preise von Vermögenswerten oder die Preise an den Finanzmärkten erheblich zu beeinflussen;

5.   „Insider“: Mitglieder von Organen oder Mitarbeiter, die Zugang zu Insiderinformationen haben, sofern dieser nicht auf einmaliger Basis erfolgt;

6.   „Mitarbeiter“: Personen, die in einem Beschäftigungsverhältnis mit einer Zentralbank des Eurosystems stehen, mit Ausnahme von solchen, die mit Aufgaben betraut sind, welche nicht im Zusammenhang mit der Durchführung von Aufgaben des Eurosystems stehen;

7.   „Mitglied von Organen“: ein Mitglied der Beschlussorgane und anderer interner Gremien von Zentralbanken des Eurosystems außer Mitarbeitern;

8.   „Finanzielle Kapitalgesellschaften“: dieser Begriff hat die gleiche Bedeutung wie in Kapitel 2 Nummer 2.55 der Verordnung (EU) Nr. 549/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (4);

9.   „Interessenkonflikt“: eine Situation, in der Mitglieder von Organen oder Mitarbeiter persönliche Interessen haben, die die unparteiische und objektive Ausübung ihrer Pflichten beeinflussen oder diesen Anschein erwecken könnten;

10.   „Persönliches Interesse“: Vorteile oder mögliche Vorteile finanzieller oder sonstiger Art für die Mitglieder von Organen oder Mitarbeiter, ihre Familienangehörigen und sonstige Verwandte oder für ihren Freundes- und engen Bekanntenkreis;

11.   „Vorteil“: Geschenke, Bewirtungsleistungen oder sonstige Vergünstigungen finanzieller oder nicht finanzieller Art, die die finanzielle, rechtliche oder persönliche Situation des Empfängers objektiv verbessern und auf die der Empfänger ansonsten keinen Anspruch hat.

Artikel 2

Anwendungsbereich

(1)   Diese Leitlinie gilt für die Zentralbanken des Eurosystems bei Erfüllung ihrer Aufgaben für das Eurosystem. In diesem Zusammenhang gelten die von den Zentralbanken des Eurosystems im Rahmen der Erfüllung der Bestimmungen dieser Leitlinie erlassenen internen Regeln für die Mitglieder von Organen und für ihre Mitarbeiter.

(2)   Die Zentralbanken des Eurosystems streben im rechtlich zulässigen Umfang an, die im Rahmen der Umsetzung der Bestimmungen dieser Leitlinie definierten Pflichten auf Personen zu erweitern, die an der Erfüllung von Aufgaben des Eurosystems beteiligt, jedoch keine Mitarbeiter der Zentralbanken des Eurosystems sind.

(3)   Die Bestimmungen dieser Leitlinie gelten unbeschadet der Anwendung strengerer Ethikregeln durch die Zentralbanken des Eurosystems für die Mitglieder von Organen und Mitarbeiter.

Artikel 3

Funktionen und Verantwortlichkeiten

(1)   Angesichts seiner Verantwortung zur Ausgestaltung der internen und ethischen Kultur auf Ebene des Eurosystems legt der EZB-Rat in dieser Leitlinie die Grundsätze des Ethik-Rahmens für das Eurosystem fest und erstellt Empfehlungen zur vorbildlichen Umsetzung (Best Practices) dieser Grundsätze.

(2)   Der Prüfungsausschuss, der Ausschuss der internen Revisoren (IAC) und der Ausschuss für Organisationsentwicklung (ODC) sind gemäß ihrem jeweiligen Mandat an der Anwendung und Überwachung des Ethik-Rahmens für das Eurosystem zu beteiligen.

(3)   Die Zentralbanken des Eurosystems spezifizieren die Funktionen und Verantwortlichkeiten der Organe, Einheiten und Mitarbeiter, die auf lokaler Ebene an der Umsetzung, Anwendung und Überwachung des Ethik-Rahmens für das Eurosystem beteiligt sind.

Artikel 4

Kommunikation und Sensibilisierung

(1)   Die Zentralbanken des Eurosystems formulieren ihre internen Regeln zur Umsetzung dieser Leitlinie in klarer und transparenter Weise, kommunizieren sie an die Mitglieder ihrer Organe und ihre Mitarbeiter und stellen sicher, dass sie leicht zugänglich sind.

(2)   Die Zentralbanken des Eurosystems ergreifen geeignete Maßnahmen zur Sensibilisierung der Mitglieder ihrer Organe und ihrer Mitarbeiter, damit diese ihre Pflichten verstehen, die sich aus dem Ethik-Rahmen für das Eurosystem ergeben.

Artikel 5

Überwachung der Compliance

(1)   Die Zentralbanken des Eurosystems überwachen die Einhaltung der Regeln (Compliance) zur Umsetzung dieser Leitlinie. Die Überwachung umfasst gegebenenfalls die Durchführung von regelmäßigen und/oder Ad-hoc-Compliance-Prüfungen. Die Zentralbanken des Eurosystems richten angemessene Verfahren zur unverzüglichen Reaktion und Einleitung von Maßnahmen in Fällen der Nichteinhaltung der genannten Regeln (Non-Compliance) ein.

(2)   Die Überwachung der Compliance erfolgt unbeschadet interner Regeln, die die Durchführung interner Untersuchungen erlauben, sofern der Verdacht besteht, dass ein Mitglied eines Organs oder ein Mitarbeiter gegen die Regeln zur Umsetzung dieser Leitlinie verstoßen hat.

Artikel 6

Meldung von Fällen der Non-Compliance und Nachverfolgung

(1)   Die Zentralbanken des Eurosystems legen interne Verfahren für die Meldung von Fällen der Nichteinhaltung der Regeln zur Umsetzung dieser Leitlinie fest, einschließlich Regeln in Bezug auf Mitteilungen von Informanten (Whistleblowing) gemäß den geltenden Rechtsvorschriften.

(2)   Die Zentralbanken des Eurosystems legen Maßnahmen zur Gewährleistung des angemessenen Schutzes von Personen fest, die Fälle der Non-Compliance melden.

(3)   Die Zentralbanken des Eurosystems stellen sicher, dass Fällen der Non-Compliance nachgegangen wird, wozu gegebenenfalls die Auferlegung von verhältnismäßigen Disziplinarmaßnahmen im Einklang mit den geltenden Disziplinarvorschriften und -verfahren gehört.

(4)   Die Zentralbanken des Eurosystems melden alle schwerwiegenden Vorfälle im Zusammenhang mit der Nichteinhaltung der Regeln zur Umsetzung dieser Leitlinie unverzüglich gemäß den anzuwendenden internen Verfahren über den Ausschuss für Organisationsentwicklung (ODC) an den EZB-Rat. In dringenden Fällen kann eine Zentralbank des Eurosystems solche schwerwiegenden Vorfälle direkt an den EZB-Rat melden. Die Zentralbanken des Eurosystems informieren in jedem Fall parallel dazu den Prüfungsausschuss.

KAPITEL II

REGELN ZUR VERHINDERUNG DER MISSBRÄUCHLICHEN VERWENDUNG VON INSIDERINFORMATIONEN

Artikel 7

Allgemeines Verbot der missbräuchlichen Verwendung von Insiderinformationen

(1)   Die Zentralbanken des Eurosystems stellen sicher, dass es den Mitgliedern ihrer Organe und ihren Mitarbeitern verboten ist, Insiderinformationen missbräuchlich zu verwenden.

(2)   Das Verbot der missbräuchlichen Verwendung von Insiderinformationen muss sich mindestens erstrecken auf: a) die Nutzung von Insiderinformationen für private Finanzgeschäfte auf eigene Rechnung oder auf Rechnung Dritter, b) die Offenlegung von Insiderinformationen gegenüber Dritten, sofern sie nicht in Erfüllung von Dienstpflichten und auf Basis dessen erfolgt, dass die betreffenden Personen Kenntnis davon haben müssen, und c) die Nutzung von Insiderinformationen, um Dritten den Abschluss privater Finanzgeschäfte zu empfehlen oder sie dazu zu verleiten.

Artikel 8

Besondere Beschränkungen für Insider

(1)   Die Zentralbanken des Eurosystems stellen sicher, dass der Zugang zu Insiderinformationen auf die Mitglieder von Organen und Mitarbeiter beschränkt ist, die zur Erfüllung ihrer Pflichten Zugriff auf diese Informationen haben müssen.

(2)   Die Zentralbanken des Eurosystems stellen sicher, dass alle Insider besonderen Beschränkungen in Bezug auf kritische private Finanzgeschäfte unterliegen. Ein privates Finanzgeschäft ist als kritisch anzusehen, wenn es in engem Zusammenhang mit der Durchführung von Aufgaben des Eurosystems steht oder so angesehen werden könnte. Die Zentralbanken des Eurosystems sehen in ihren internen Regeln eine Liste mit solchen kritischen Transaktionen vor, in der insbesondere folgende Transaktionen aufgeführt sind:

a)

Transaktionen mit Aktien und Anleihen, die von in der Union ansässigen finanziellen Kapitalgesellschaften ausgegeben sind;

b)

Devisengeschäfte, Goldgeschäfte, der Handel mit Staatsanleihen des Euro-Währungsgebiets;

c)

kurzfristige Geschäfte mit Vermögenswerten, d. h. der Kauf und anschließende Verkauf oder der Verkauf und anschließende Kauf desselben Finanzinstruments innerhalb eines bestimmten Referenzzeitraums;

d)

Transaktionen mit Derivaten im Zusammenhang mit den unter den Buchstaben a bis c genannten Finanzinstrumenten und Investmentfonds, deren Hauptzweck darin besteht in solche Finanzinstrumente zu investieren.

(3)   Die Zentralbanken des Eurosystems erlassen interne Regeln, in denen unter Berücksichtigung von Effektivität, Effizienz und Verhältnismäßigkeit die spezifischen Beschränkungen für Insider festgelegt werden. Diese spezifischen Beschränkungen können folgende bzw. eine Kombination folgender Aspekte umfassen:

a)

Das Verbot bestimmter Finanzgeschäfte;

b)

eine obligatorische vorherige Zustimmung für bestimmte Finanzgeschäfte;

c)

eine Ex-ante- oder Ex-post-Meldepflicht für bestimmte Finanzgeschäfte; und/oder

d)

Sperrfristen für bestimmte Finanzgeschäfte.

(4)   Die Zentralbanken des Eurosystems können diese spezifischen Beschränkungen in ihrem Ermessen auch auf andere Mitarbeiter als Insider anwenden.

(5)   Die Zentralbanken des Eurosystems stellen sicher, dass ihre Listen mit kritischen privaten Finanzgeschäften kurzfristig angepasst werden können, um den Beschlüssen des EZB-Rates Rechnung zu tragen.

(6)   Die Zentralbanken des Eurosystems legen in ihren internen Regeln die Bedingungen und Schutzmechanismen fest, in deren Rahmen Mitglieder von Organen und Mitarbeiter, die die Verwaltung ihrer privaten Finanzgeschäfte auf der Grundlage eines schriftlichen Vermögensverwaltungsvertrags an einen unabhängigen Dritten übertragen, von den in diesem Artikel festgelegten spezifischen Beschränkungen befreit sind.

KAPITEL III

REGELN ZUR VERMEIDUNG VON INTERESSENKONFLIKTEN

Artikel 9

Interessenkonflikte

(1)   Die Zentralbanken des Eurosystems richten einen Mechanismus zur Vermeidung von Situationen ein, in denen ein für eine Einstellung als Mitarbeiter in Betracht gezogener Bewerber aufgrund einer früheren beruflichen Tätigkeit oder aufgrund privater Beziehungen in einen Interessenkonflikt gerät.

(2)   Die Zentralbanken des Eurosystems erlassen interne Regeln, nach denen die Mitglieder ihrer Organe und ihre Mitarbeiter während ihres Dienstverhältnisses jegliche Situationen, die zu Interessenkonflikten führen könnten, vermeiden und solche Situationen melden müssen. Die Zentralbanken des Eurosystems stellen sicher, dass im Fall der Meldung eines Interessenkonflikts geeignete Maßnahmen zur Vermeidung des Konflikts zur Verfügung stehen, wozu beispielsweise die Entbindung von Pflichten in Bezug auf die betreffende Angelegenheit gehört.

(3)   Die Zentralbanken des Eurosystems richten einen Mechanismus zur Bewertung und Vermeidung möglicher Interessenkonflikte ein, die nach dem Ende des Dienstverhältnisses aufgrund der Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit durch die Mitglieder ihrer Organe und durch direkt an die Geschäftsführungsebene berichtende Mitarbeiter in Leitungsfunktionen entstehen könnten.

(4)   Die Zentralbanken des Eurosystems richten gegebenenfalls einen Mechanismus zur Bewertung und Vermeidung möglicher Interessenkonflikte ein, die aufgrund einer beruflichen Tätigkeit ihrer Mitarbeiter während Zeiten unbezahlten Urlaubs entstehen könnten.

KAPITEL IV

REGELN ÜBER DIE ANNAHME VON GESCHENKEN UND BEWIRTUNGSLEISTUNGEN

Artikel 10

Verbot der Annahme von Vorteilen

(1)   Die Zentralbanken des Eurosystems erlassen interne Regeln, nach denen es den Mitgliedern ihrer Organe und ihren Mitarbeitern verboten ist, Zusagen in Bezug auf die Gewährung von Vorteilen für sich selbst oder für andere Personen zu erbitten, entgegen- oder anzunehmen, die in irgendeiner Weise mit der Erfüllung ihrer Dienstpflichten in Zusammenhang stehen.

(2)   Die Zentralbanken des Eurosystems können in ihren internen Regeln von dem in Absatz 1 enthaltenen Verbot Ausnahmen in Bezug auf Vorteile vorsehen, die von Zentralbanken sowie von Organen, Einrichtungen oder Agenturen der Union, internationalen Organisationen und staatlichen Stellen angeboten werden, oder in Bezug auf Vorteile von üblichem oder unbedeutendem Wert, die seitens des privaten Sektors angeboten werden, in letzterem Fall jedoch unter der Voraussetzung, dass die Gewährung dieser Vorteile nicht häufig erfolgt und die Vorteile nicht aus derselben Quelle stammen. Die Zentralbanken des Eurosystems stellen sicher, dass diese Ausnahmen die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Mitglieder ihrer Organe und ihrer Mitarbeiter nicht beeinflussen oder den Anschein erwecken können, dass sie diese beeinflussen.

KAPITEL V

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 11

Aufhebung

Die Leitlinie EZB/2002/6 wird hiermit aufgehoben.

Artikel 12

Inkrafttreten und Umsetzung

(1)   Diese Leitlinie tritt am Tag ihrer Mitteilung an die NZBen in Kraft.

(2)   Die Zentralbanken des Eurosystems ergreifen die erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung und Einhaltung dieser Leitlinie und wenden sie ab dem 18. März 2016 an. Die NZBen informieren die EZB über Hindernisse in Bezug auf die Umsetzung dieser Leitlinie und teilen der EZB spätestens bis zum 18. Januar 2016 die entsprechenden Rechtstexte und Umsetzungsmaßnahmen mit.

Artikel 13

Berichterstattung und Überprüfung

(1)   Die NZBen berichten der EZB jährlich über die Umsetzung dieser Leitlinie.

(2)   Der EZB-Rat überprüft diese Leitlinie mindestens alle drei Jahre.

Artikel 14

Adressaten

Diese Leitlinie ist an alle Zentralbanken des Eurosystems gerichtet.

Geschehen zu Frankfurt am Main am 12. März 2015.

Für den EZB-Rat

Der Präsident der EZB

Mario DRAGHI


(1)  Leitlinie EZB/2002/6 vom 26. September 2002 über die für die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken bei der Durchführung von geldpolitischen Geschäften und Devisengeschäften mit den Währungsreserven der EZB sowie der Verwaltung der Währungsreserven der EZB geltenden Mindeststandards (ABl. L 270 vom 8.10.2002, S. 14).

(2)  Verhaltenskodex der Europäischen Zentralbank für die Mitglieder des EZB-Rates (ABl. C 123 vom 24.5.2002, S. 9).

(3)  Leitlinie (EU) 2015/856 der Europäischen Zentralbank vom 12. März 2015 über die Festlegung der Grundsätze eines Ethik-Rahmens für den Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (EZB/2015/12) (siehe Seite 29 dieses Amtsblatts).

(4)  Verordnung (EU) Nr. 549/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 zum Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen auf nationaler und regionaler Ebene in der Europäischen Union (ABl. L 174 vom 26.6.2013, S. 1).


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