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Dokument 52010AB0065

Stellungnahme der Europäischen Zentralbank vom 6. August 2010 zu einem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG im Hinblick auf die Eigenkapitalanforderungen für Handelsbuch und Weiterverbriefungen und im Hinblick auf die aufsichtliche Überprüfung der Vergütungspolitik (CON/2010/65)

ABl. C 223 vom 18.8.2010, S. 1–4 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

18.8.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 223/1


STELLUNGNAHME DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK

vom 6. August 2010

zu einem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG im Hinblick auf die Eigenkapitalanforderungen für Handelsbuch und Weiterverbriefungen und im Hinblick auf die aufsichtliche Überprüfung der Vergütungspolitik

(CON/2010/65)

2010/C 223/01

Einleitung und Rechtsgrundlage

Am 12. November 2009 verabschiedete die Europäische Zentralbank (EZB) die Stellungnahme CON/2009/94 (1) zu einem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG im Hinblick auf die Eigenkapitalanforderungen für Handelsbuch und Weiterverbriefungen und im Hinblick auf die aufsichtliche Überprüfung der Vergütungspolitik (nachfolgend der „Richtlinienvorschlag“). Am 7. Juli 2010 verabschiedete das Europäische Parlament den Richtlinienvorschlag (2), der nun dem Vorbehalt der förmlichen Annahme durch den Rat der Europäischen Union unterliegt. Der vorliegenden Stellungnahme liegt die vom Europäischen Parlament verabschiedete Fassung des Richtlinienvorschlags zugrunde.

Die Zuständigkeit der EZB zur Abgabe einer Stellungnahme beruht auf Artikel 127 Absatz 4 letzter Unterabsatz des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, dem zufolge die EZB u. a. gegenüber den zuständigen Organen der Union Stellungnahmen zu in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Fragen abgeben kann. In dieser Hinsicht enthält der Richtlinienvorschlag Bestimmungen betreffend die in Artikel 127 Absatz 2 erster Gedankenstrich des Vertrags genannte Aufgabe des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB), die Geldpolitik der Union festzulegen und auszuführen, und den in Artikel 127 Absatz 5 des Vertrags genannten Beitrag des ESZB zur reibungslosen Durchführung der auf dem Gebiet der Stabilität des Finanzsystems ergriffenen Maßnahmen. Diese Stellungnahme wurde gemäß Artikel 17.5 Satz 1 der Geschäftsordnung der Europäischen Zentralbank vom EZB-Rat verabschiedet.

1.   Allgemeine Anmerkungen

1.1

Die EZB hat Bedenken hinsichtlich der in Anhang I Ziffer 2c)ii) des Richtlinienvorschlags enthaltenen Verlängerung der Freistellung für Forderungen in Form gedeckter Schuldverschreibungen (3), die mit Krediten besichert sind, die ihrerseits durch Wohn- und Gewerbeimmobilien abgesichert sind. Die Verlängerung der Freistellung vom 31. Dezember 2010 bis zum 31. Dezember 2013 ermöglicht die unbegrenzte Verwendung erststelliger Anteile, die von Verbriefungsorganismen begeben wurden, die Forderungen im Zusammenhang mit Wohn- und Gewerbeimmobilien im Deckungspool gedeckter Schuldverschreibungen verbriefen. Außerdem ist im verabschiedeten Wortlaut der Verweis auf die für diese Anteile verlangte beste Bonitätskategorie gestrichen (4).

1.2

Der Richtlinienvorschlag betrifft somit OGAW-konforme gedeckte Schuldverschreibungen und Asset-Backed Securities (ABS), die für Kreditgeschäfte des Eurosystems gemäß der Leitlinie EZB/2000/7 vom 31. August 2000 über geldpolitische Instrumente und Verfahren des Eurosystems (5) zugelassen sind. In dieser Hinsicht schreibt der Sicherheitenrahmen des Eurosystems vor, ABS im Vergleich zu OGAW-konformen gedeckten Schuldverschreibungen aus Sicht des Risikomanagements strenger zu behandeln, z. B. durch höhere Abschläge und Ratinganforderungen. Der Richtlinienvorschlag könnte zur Folge haben, dass für geldpolitische Geschäftspartner starke Anreize geschaffen werden, ihre ABS in den Deckungspool solcher gedeckten Schuldverschreibungen einzubinden und auf diese Weise eine günstigere Behandlung zu erreichen, was sich nachteilig auf das Risikoprofil des Eurosystems auswirkt.

1.3

Gleichzeitig und unbeschadet der Tatsache, dass die EZB regulatorische Maßnahmen begrüßt, die die Abhängigkeit der Gesetzgebung von externen Ratings verringert, hat die EZB einige Bedenken hinsichtlich der Streichung des Verweises auf die für diese Anteile verlangte beste Bonitätskategorie, da dies zu einer weiteren Untergrabung der Glaubwürdigkeit und Transparenz des Marktes für gedeckte Schuldverschreibungen führen und letztlich Auswirkungen auf die Finanzstabilität haben könnte.

1.4

Allgemein sollte das Ziel der Aufsichtsbehörden in naher Zukunft darin bestehen, die Freistellung aufzuheben und eine Reihe strengerer Kriterien für die Einbeziehung von Vermögenswerten in den Deckungspool gedeckter Schuldverschreibungen zu entwickeln, die i) nicht auf externen Ratings basieren und ii) stark genug sind, um das Marktvertrauen in gedeckte Schuldverschreibungen sicherzustellen, und dabei den Finanzinstituten genügend Zeit für die Anpassung ihrer jeweiligen Geschäftsmodelle einzuräumen. Die Senkung der Obergrenze des Nominalwerts der ausstehenden Emission von 20 % auf 10 %, die in Anhang I Ziffern 2c)i) und ii des Richtlinienvorschlags enthalten ist, kann als positive Entwicklung in diese Richtung betrachtet werden.

2.   Redaktionsvorschläge

Soweit die EZB empfiehlt, den Richtlinienvorschlag zu ändern, sind spezielle Redaktionsvorschläge mit Begründung im Anhang aufgeführt.

Geschehen zu Frankfurt am Main am 6. August 2010.

Der Präsident der EZB

Jean-Claude TRICHET


(1)  ABl. C 291 vom 1.12.2009, S. 1.

(2)  P7_TA-PROV (2010) 0274.

(3)  Im Sinne von Artikel 22 Absatz 4 der Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. L 375 vom 31.12.1985, S. 3).

(4)  Siehe Anhang VI Nummer 68 Absatz 3 der Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (Neufassung) (ABl. L 177 vom 30.6.2006, S. 1).

(5)  ABl. L 310 vom 11.12.2000, S. 1.


ANHANG

Redaktionsvorschläge

Vorschlag des Europäischen Parlaments

Änderungsvorschläge der EZB (1)

Änderung

Anhang VI Nummer 68 Ziffer ii

„(ii)

Absatz 3 erhält folgende Fassung:

‚Die Obergrenze von 10 % für erststellige Anteile, die von französischen Fonds Communs de Créances oder durch gleichwertige Verbriefungsorganismen gemäß den Buchstaben d und e begeben wurden, findet bis zum 31. Dezember 2013 keine Anwendung, sofern i) die verbrieften Forderungen im Zusammenhang mit Wohn- oder Gewerbeimmobilien von einem Mitglied derselben konsolidierten Gruppe ausgegeben wurden, bei der auch der Emittent der gedeckten Schuldverschreibungen Mitglied ist, oder von einer Gesellschaft, die derselben Zentralorganisation angeschlossen ist wie der Emittent der gedeckten Schuldverschreibungen (die gemeinsame Mitgliedschaft oder Zugehörigkeit zu einer Gruppe ist zu dem Zeitpunkt festzustellen, da die erststelligen Anteile gedeckte Schuldverschreibungen besichern); und (ii) ein Mitglied derselben konsolidierten Gruppe, bei der auch der Emittent der gedeckten Schuldverschreibungen Mitglied ist, oder eine Gesellschaft, die derselben Zentralorganisation angeschlossen ist wie der Emittent der gedeckten Schuldverschreibungen, die gesamte Erstverlusttranche, mit der diese erststelligen Anteile gestützt werden, hält. Vor Ablauf dieses Zeitraums und spätestens bis zum 31. Dezember 2012 prüft die Kommission, ob diese Übertragung angemessen und erforderlichenfalls eine ähnliche Behandlung auf alle anderen Formen von gedeckten Schuldverschreibungen ausgeweitet werden soll. Im Hinblick auf diese Prüfung kann die Kommission erforderlichenfalls gemäß der in Artikel 151a genannten Befugnis delegierte Rechtsakte erlassen, um diesen Zeitraum zu verlängern oder diese Übertragung dauerhaft vorzusehen oder sie auf andere Formen von gedeckten Schuldverschreibungen auszuweiten.‘“

„(ii)

Absatz 3 erhält folgende Fassung:

‚Die Obergrenze von 10 % für erststellige Anteile, die von französischen Fonds Communs de Créances oder durch gleichwertige Verbriefungsorganismen gemäß den Buchstaben d und e begeben wurden, findet bis zum 31. Dezember 2013 keine Anwendung, sofern i) für diese erststelligen Anteile ein Rating einer anerkannten Ratingagentur vorliegt, das der besten Bonitätskategorie entspricht, die die Ratingagentur für gedeckte Schuldverschreibungen vergeben hat; ii) die verbrieften Forderungen im Zusammenhang mit Wohn- oder Gewerbeimmobilien von einem Mitglied derselben konsolidierten Gruppe ausgegeben wurden, bei der auch der Emittent der gedeckten Schuldverschreibungen Mitglied ist, oder von einer Gesellschaft, die derselben Zentralorganisation angeschlossen ist wie der Emittent der gedeckten Schuldverschreibungen (die gemeinsame Mitgliedschaft oder Zugehörigkeit zu einer Gruppe ist zu dem Zeitpunkt festzustellen, da die erststelligen Anteile gedeckte Schuldverschreibungen besichern); und iii) ein Mitglied derselben konsolidierten Gruppe, bei der auch der Emittent der gedeckten Schuldverschreibungen Mitglied ist, oder eine Gesellschaft, die derselben Zentralorganisation angeschlossen ist wie der Emittent der gedeckten Schuldverschreibungen, die gesamte Erstverlusttranche, mit der diese erststelligen Anteile gestützt werden, hält..‘“

Begründung

Aus den in der vorliegenden Stellungnahme dargelegten Gründen hat die EZB einige Bedenken hinsichtlich der Streichung der Anforderung, dass für erststellige Anteile ein Rating in der besten Bonitätskategorie, die eine anerkannte externe Ratingagentur (ECAI) vergeben hat, vorliegen muss, da dies zu einer weiteren Untergrabung der Glaubwürdigkeit und Transparenz des Marktes für gedeckte Schuldverschreibungen führen könnte. Daher empfiehlt die EZB eine Wiederaufnahme der Anforderung. Für die nahe Zukunft sollte jedoch angestrebt werden, die Freistellung aufzuheben und eine Reihe strenger Kriterien für die Einbeziehung von Vermögenswerten in den Deckungspool gedeckter Schuldverschreibungen, die (i) nicht auf externen Ratings basieren und (ii) stark genug sind, um das Marktvertrauen in gedeckte Schuldverschreibungen sicherzustellen, zu entwickeln. Daher sollte ein jeglicher Hinweis auf eine potenzielle (unbegrenzte) Ausweitung der Freistellung gestrichen werden.

Der EZB ist bewusst, dass gemäß Anhang VI Nummer 68 Ziffer i die erststelligen Anteile, die als Sicherheiten verwendet werden, der Bonitätsstufe 1 zuzuordnen sein müssen. Dies beseitigt jedoch nicht die Bedenken hinsichtlich der Streichung der Anforderung, dass für erststellige Anteile ein Rating in der besten Bonitätskategorie, die eine anerkannte Ratingagentur vergeben hat, vorliegen muss. Grund dafür ist der Umstand, dass die Voraussetzung der Bonitätsstufe 1 nur im Hinblick auf die bei Nichtaktivierung der Freistellung geltende 10-prozentige Obergrenze des Nominalwerts der ausstehenden Emission gilt. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die Bonitätsstufen 1 bis 6 von den zuständigen Behörden gemäß Artikel 82 der Richtlinie 2006/48/EG festzulegen sind, was ein gewisses Ermessen in Bezug auf die Bonität impliziert. Nach Auffassung der EZB ist der Begriff „beste Bonitätskategorie“ jedoch enger zu definieren.

In der vom Europäischen Parlament verabschiedeten Fassung des Richtlinienentwurfs kann die Freistellung angewandt werden, wenn zwei Anforderungen erfüllt sind. Nach der ersten Anforderung dürfen die verbrieften Forderungen im Zusammenhang mit Wohn- oder Gewerbeimmobilien nicht außerhalb der Gruppenstruktur, der auch der Emittent der gedeckten Schuldverschreibungen angehört, ausgegeben worden sein. Nach Auffassung der EZB kann es schwierig sein, diese Anforderung in der Praxis zu überprüfen. Die zweite Anforderung besteht darin, dass ein Mitglied derselben Gruppenstruktur die gesamte Erstverlusttranche, mit der diese erststelligen Anteile gestützt werden, halten muss. Nach Ansicht der EZB können Gesellschaften, auch wenn die Erstverlusttranche innerhalb der Gruppe gehalten wird, diese Anforderung leicht umgehen, indem sie Hedging-Strategien verwenden. Aus diesen Gründen ist die EZB nicht der Auffassung, dass diese Anforderungen für sich genommen ausreichende Schutzvorkehrungen bieten, um die Einbeziehung dieser Vermögenswerte in den Deckungspool gedeckter Schuldverschreibungen zu rechtfertigen. Die EZB erkennt jedoch an, dass die Anforderungen den Inhabern von Schuldverschreibungen einen gewissen Grad an Schutz bieten, insbesondere wenn sie mit der Wiederaufnahme des Verweises auf die für die erststelligen Anteile verlangte beste Bonitätskategorie verbunden werden.


(1)  Der neue Wortlaut, der nach dem Änderungsvorschlag der EZB eingefügt werden soll, erscheint in Fettschrift. Der Wortlaut, der nach dem Änderungsvorschlag der EZB gestrichen werden soll, erscheint in durchgestrichener Schrift.


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